Wie man die Jungs packt!

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Wissen, was Jungs beim Tanzen wirklich wollen
In allen Tanzschulen und J+S-Kursen stellt sich die gleiche Frage: Wie holen wir die Knaben ab?
Obwohl Tanzen durch aktuelle Musikvideos deutlich an „Coolness“ dazu gewonnen hat, ist die Anmeldung in einem Tanzkurs für viele Jungen abschreckend. Wer „Tanzen für Jungs“ in der Schule, im Verein oder in der Tanzschule anbietet, braucht ganz klar ein neues Stundenkonzept. Denn Jungen möchten die Turnhalle regelrecht „erobern“, ihre Ideen miteinbringen und sich richtig auspowern. Mit „peinlich aussehenden“ Choreografien ist es deshalb schwer, Jungs aus der Reserve zu locken und ihnen die schönen Seiten des Tanzens zu zeigen.
RGB_Cover_Tanz--und-BewegungsideenJungen1000Ein neues Fachbuch: „Tanz- und Bewegungsideen für Jungen“

Besonders beim Erarbeiten einer Choreografie fällt es Jungen oftmals schwerer als den Mädchen, sich über einen längeren Zeitraum zu konzentrieren. Die Tanzpädagogin und Fachautorin Julia Dold hat ein spezielles Stundenkonzept entwickelt, das einfache, tänzerische Basiselemente aus dem Hip-Hop-Bereich mit verschiedenen Ballsportarten und Wettkampfspielen verbindet. Anhand dieser Methoden und Anregungen können Lehrer, Trainer und Erzieher spritzige, temporeiche und tänzerisch-sportlich kompakte Tanzstunden für und mit Jungen gestalten.
Die Autorin, Julia Dold, arbeitet seit 2001 als freischaffende Tanzpädagogin im Norden Deutschlands. Die Schwerpunkte ihrer Tätigkeit liegen in den Bereichen kreativer Kindertanz und Hip-Hop für Kinder ab sechs Jahren. Ihre Tätigkeiten als Regisseurin und Choreografin für verschiedene Tanztheaterproduktionen mit Jugendlichen und Kindern rundeten ihren Erfahrungsschatz ab und gaben zusätzliche Impulse für neue Stundenformate.

Wir verlosen ein Exemplar dieses hilfreichen und mit zahlreichen Beispielen und Bildern illustrierten Fachbuches!
Wer Interessa hat schreibt an redaktion(a)dance-mag.com

 

 

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Interview mit  Tanzpädagogin und Autorin Julia Dold

Foto-Dold1000Im Interview gibt uns Julia Dold exklusive Einblicke in ihre Arbeit als Tanzpädagogin und verriet uns ihre Tipps für die perfekte Tanzstunde mit Kindern.

 

d:  Seit wann tanzt du und wie hat das Tanzen dein Leben geprägt?

Julia Dold:  Meine Begeisterung für das Tanzen habe ich mit 4 Jahren entdeckt. In meiner Heimatstadt Celle begann ich damals Ballett zu tanzen. Es ging im Laufe der Jahre auch in Richtung Professionalität. Dennoch entschied ich mich mit 14 Jahren für Jazz – und Modern Dance.  Nach dem Abitur kehrte ich dem Tanz kurzzeitig den Rücken, um mich voll und ganz der Theaterarbeit zu widmen. Eine Zeit lang spielte ich im Kindertheater in Bremen die Annika in Pippi Langstrumpf und ging schließlich ans Stadttheater Bern, um dort als Regieassistentin drei Opernproduktionen zu begleiten.

 

d:  Was war dann der Auslöser für dich Tanzpädogin zu werden?

 

Julia Dold:  Als ich aus Bern zurückkehrte, musste eine zukunftsweisende Entscheidung her. So besann ich mich auf meine bisher größte Leidenschaft – den Tanz. Klar war für mich allerdings, dass ich nicht als Bühnentänzerin arbeiten wollte. Mich interessierte vielmehr die tänzerische Arbeit mit Kindern, aber auch Inszenierungsarbeit, Regie und Tanztheater. So kam ich nach Hamburg, an die Erika Klütz Schule für Theatertanz und Tanzpädagogik. Diese Ausbildung stellte für mich die perfekte Kombination meiner Interessen dar. Der Entschluss, Tanzpädagogin zu werden, stand somit fest. An der Erika Klütz Schule absolvierte ich 2002 mein Examen zur staatlich geprüften Tanzpädagogin. Seitdem arbeite ich als freischaffende Tanzpädagogin in vielerlei Funktionen und Institutionen in Hamburg und Umgebung, sowie mittlerweile bundesweit.

 

d:  Was war deine bislang schönste Erfahrung / dein schönstes Projekt im Bereich Kindertanz?

 

Julia Dold:  Die Frage ist nicht ganz leicht zu beantworten, denn es gibt immer wieder wunderschöne, sinnstiftende und erfüllende Momente in meinem Beruf (lacht).

Aber wenn ich eine Erfahrung heraus nehmen soll, dann sind es meine Tanztheaterprojekte mit Kindern und Jugendlichen zwischen 2007 und 2011.

2007 begann ich auf eigene Faust in Celle ein Tanztheaterprojekt mit Kindern und Jugendlichen zwischen 8 und 16 Jahren umzusetzen. Mein Wunsch war es ein Tanzprojekt zu gestalten, das in gemeinsamer kreativer Arbeit mit den Kindern entsteht und Themen behandelt, die von den Kindern selbst ausgesucht und gestaltet werden. Auf eigene Kosten fand 2007 dann die Premiere in Celle statt. Mit drei ausverkauften Vorstellungen landeten wir einen riesen Erfolg. Daraus entstand dann eine Reihe von drei Tanztheaterprojekten, diesmal komplett finanziert und organisiert von einem Träger, unter dem Titel „Tanz an ungewöhnlichen Orten“.

So entstanden drei Produktionen mit Kindern zwischen 10 und 18 Jahren in einem Parkhaus, einer Hochregallagerhalle und einem Wandertheater mit drei Stadtbussen, die das Publikum zu 6 verschiedenen Locations fuhr, an denen getanzt wurde.

Die Entwicklung von einem kleinen, komplett selbst finanzierten und organisierten Projekt hin zu drei großen Produktionen an diesen außergewöhnlichen Orten, war unglaublich. Ebenso faszinierend und bereichernd war die Erfahrung diese Kinder und Jugendlichen in der gemeinsamen kreativen und tänzerischen Arbeit zu begleiten.

Wir wuchsen zu einem wunderbaren Ensemble zusammen, viele Kinder durchliefen eine wahnsinnige persönliche Entwicklung, an der ich direkt teilhaben durfte und zusammen machten wir unvergessliche und hoch emotionale Erfahrungen.

Als Tanzpädagogin waren diese Projekte  eine unvergessliche Bereicherung, eine wunderschöne Erfahrung und eine vollkommen sinnerfüllte und befriedigende Arbeit.

 

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d:  Wodurch entstand die Idee, Tanzen speziell für Jungen anzubieten?

 

Julia Dold:  In den 15 Jahren meiner Tätigkeit waren Jungen in meinen Kursen immer rar gesät. Ab und an verirrte sich mal einer von Ihnen in meinen Kursen. Aber es war immer schwierig, ihn richtig zu integrieren.

An einer Stadtteilschule in Hamburg gab ich einen benoteten Hip Hop Kurs innerhalb der vormittäglichen Schulzeit. Als die 15 Jungen der 5. und 6. Klasse die Turnhalle stürmten, rutschte mir buchstäblich das Herz in die Hose. Obwohl ich es als Mutter zweier Söhne bereits geahnt habe, wusste ich in dem Moment, dass ich mir hier ein völlig neues Konzept überlegen musste. Denn die Jungen hatten mehr Fußballspielen im Kopf als Tanzen. Gemeinsam mit den Jungen habe ich dann aus der Not heraus ganz neue Ideen entwickelt. Die Jungen brauchten einfach das größere Angebot an Bewegung und Wettkampf. Der Einsatz von Bällen und neuen Trendsportarten, wie zum Beispiel Parcours half dabei. Schlussendlich haben ich und die Jungs prima miteinander gearbeitet und auch ohne große tänzerische Begabung eine tolle Choreografie für eine Aufführung erarbeitet. Aus dieser Erfahrung und den immer wieder aufkommenden Fragen meiner Seminiarteilnehmer entstand die Idee, ein Buch zu gestalten und diese Ideen weiter zu geben.

 

d:  Welchen besonderen Herausforderungen müssen sich Lehren und Übungsleiter stellen, wenn sie Tanzkurse für Jungen anbieten?

 

Julia Dold:  Die Jungen können durch ihre Bedürfnisse nach „Action“, in ihrer Lautstärke, ihrem Übermut, ihrer Bewegungsfreude und ihrem Streben nach Wettkampf anstrengend sein. Über einen längeren Zeitraum sind sie meistens nicht in der Lage sich auf eine Choreografie zu konzentrieren und stören mit ihrer Zappelei permanent den Unterricht. Gestalten Sie deshalb Ihre Stunde so, dass sich die Jungs in ihren Möglichkeiten abgeholt fühlen. Dann können die Jungs auch eine große Bereicherung für Ihren Unterricht sein, weil sie unglaublich kreativ sind und mit großer Motivation an die Sache ran gehen. Mit einem Ball zu tanzen käme den meisten Mädels wahrscheinlich nicht in den Sinn.

 

d:  Wer ist denn nun anstrengender? Die Jungs oder die Mädels? Spielt das Alter hier eine Rolle?

 

Julia Dold:  Ich denke, das kann man so pauschal nicht beantworten, weil Jungs und Mädels einfach innerhalb einer Tanzstunde zu unterschiedlich sind. Die Mädchen sind zwar deutlich ruhiger und konzentrierter, wenn es darum geht, Schrittfolgen zu lernen. Aber sie gehen häufig extrem zickig, abweisend, beleidigt und missgünstig miteinander um, was mich manchmal schwieriger zu händeln ist als die Power der Jungs. Diese Empfindung hängt aber wohl von jeder Lehrperson selbst ab. Das Alter spielt dabei für mich keine Rolle.

 

d:  Welchen Ratschlag würden Sie Sportlehrern geben, wenn sie an ihrer Schule mit Kindern tanzen möchten?

 

Julia Dold:  Hip Hop ist besonders für den Sportunterricht an Schule zu empfehlen. Diese Tanzrichtung ist populär, allgemein bekannt und wird von den Kindern als „cool“ empfunden. Sowohl Mädchen, als auch Jungen fühlen sich von der Musik und den Tanzschritten angesprochen und haben Lust dabei zu sein. Das ist schon einmal die halbe Miete was die Motivation der Kinder betrifft! Wichtig finde ich außerdem, dass man als Lehrer nicht den Anspruch hat, der perfekte Hip Hop Tänzer zu sein. Es geht nicht darum die perfekten „Moves“ vorzumachen, sondern in erster Linie erst einmal um den Spaß an der Musik und an der Bewegung. Dafür reichen auch erst mal  Basiselemente aus dem Hip Hop aus, die sich zu schönen kleinen Schrittfolgen kombinieren lassen. Außerdem würde ich empfehlen, Tanz und Spiel zu vereinen, um die Kinder nicht zu überfordern. Weniger ist auch hier mehr. Bei wenigem, einfachem Schrittmaterial haben alle am Ende der Stunde ihr Erfolgserlebnis gehabt, auch wenn niemand kein Tanzgenie ist.

 

 

Bibliografische Angaben:
Julia Dold
Tanz- und Bewegungsideen für Jungen
208 Seiten in Farbe, 106 Fotos, 5 Abb.
Paperback 16,5 x 24 cm, 1. Auflage April 2017
ISBN 978-3-8403-7529-3, 19,95 € [D]

Das Buch findet ihr in den Buchhandlungen oder über Web-Shops.

 

 

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