Schweizermeisterschaft 2016 Latein
Trotz klaren Favoriten eine spannende Ausgangslage
Aufgrund der Startliste wusste man im Vorfeld, dass zwei Finalisten-Paare aus dem Vorjahr fehlten und somit mindestens zwei Finalplätze neu zu vergeben waren. Im Weiteren durfte man erwarten, dass erneut junge Paare nach vorne drängen würden. Und da gab es einen ehemaligen Schweizermeister, der nach längerer Pause mit einer neuen Partnerin am Start stand. Für den Titel jedoch standen drei klare Favoriten zur Auswahl. Allen voran die Titelverteidiger. Doch alle erfahrenen Tänzer und Beobachter wissen: An der Schweizermeisterschaft ist immer alles möglich…
Ovi Andrei & Alessia Gigli
Letztes Jahr haben sich Ovi & Alessia als sehr frische Tanzpartnerschaft in Lausanne überraschend zum Schweizermeistertitel getanzt. Doch dieses Jahr gingen sie nicht nur aufgrund der erreichten internationalen Resultate als Favoriten an den Start. Bereits in den Turnieren zuvor, an der German Open Championships, in Prag oder Helsinki zeigten sie, dass sie die Zeit intensiv für Detailarbeit genutzt hatten. So stellten sie ab der ersten Runde klar: Wer den Titel wollte, musste zuerst die beiden übertrumpfen.
Ovi & Alessia tanzten konsequent über alle Runden mit voller Leistung, schonten sich nie. Durch ihre Entwicklung bezüglich Dynamik, Schnelligkeit, Präzision und Präsenz setzten sie die Latte von Beginn weg hoch. Schnell war auch klar, dass das Niveau der ersten drei Paare höher war als die Jahre zuvor.
Schlussendlich setzen sich Ovi Andrei & Alessia Gigli klar durch. Sie gewannen alle Tänze mit jeweils 6-8 1er-Platzziffern (9 WR) und holten sich überzeugend den 2. Titel. Herzliche Gratulation!
Wenn wir davon ausgehen, dass eine Tanzpartnerschaft erst nach 2-3 Jahren optimal abgestimmt ist, dürfen wir uns auf weitere Steigerungen freuen.
Pitt & Tiara-Sophia Wibawa
Das Geschwisterpaar Pitt & Tiara konnten aufgrund der Schule/Ausbildung auch dieses Jahr nur wenige Turniere und vor allem keine internationale Wettkämpfe besuchen. Trotzdem haben sich die beiden intensiv auf diese von ihrem Club organisierten Meisterschaft vorbereitet.
Was für ein erfrischender und überzeugender Auftritt! Ihr Look war der grosse Hingucker. Die beiden tanzen ihre Freude vor dem Heimpublikum voll heraus. Ihr Partnering ist faszinierend. Was zwischen den Beiden abgeht ist packend und ihre Leidenschaft ist jederzeit greifbar. In ihren Choreos wagen sie aussergewöhnliche, phantasievolle Bilder zu kreieren.
Pitt zeigte schon immer ein besonderes Charisma und einen besonderen Schalk beim Tanzen. Nun gelingt es auch der erst 16-jährigen Tiara ein ebensolches einer erfahrenen, sehr eleganten Tänzerin aufzubauen. Da kann man nur ungläubig staunen und muss sofort wieder hingucken. Beide sind mit aussergewöhnlichem Talent beglückt worden. Doch beide haben sich auch über viele Jahre eine gute technische Basis erarbeitet. Tiara ging schon als junges Mädchen regelmässig in fast allen Ferien mehrere Wochen alleine nach Dänemark, um mit ihrem damaligen dänischen Partner bei renommierten Trainern zu arbeiten. Erfahrungen, die ihr nun ermöglichen, diesen überaus grossen Schritt zu den Erwachsenen erfolgreich zu meistern.
Ab der ersten Runden griffen sie beherzt an. Ihre Präsenz erlaubte wohl keinem Zuschauer an ihnen vorbeizuschauen. Auch ihnen gelang die Performance bis zum Finale und bis zum letzten Tanz auf hohem Niveau zu halten. Im Finale gelang es ihnen sogar 11 1er-Wertungen zu erkämpfen und erreichten so in allen Tänzen unangefochten den 2. Rang.
Alessandro Cuoco & Olga Kosareva
Alessandro & Olga mussten an der letztjährigen Schweizermeisterschaft mit dem überraschenden 6. Rang eine herbe Enttäuschung entgegennehmen. Trotzdem liessen sich nicht beirren und erreichten in mehreren internationalen Turnieren jeweils die vordere Hälfte. Doch aufgrund der Visum-Problematik von Olga sind immer wieder längere Trainingsunterbrüche aufzuarbeiten. Auch im Vorfeld der diesjährigen Meisterschaft musste mit intensivem Einsatz ein Trainingsunterbruch wettgemacht werden.
Trotz dieser Unwägbarkeiten gelang es ihnen von Beginn weg sich als einer der Favoriten zu positionieren. Im Vergleich zu Ovi & Alessia oder Pitt & Tiara tanzen sie zwar weniger spektakulär, jedoch mit viel Feinheiten. Ihre Stärken sind die Sensibilität für Harmonie, Melodie und Rhythmus.
Bis zum Final überzeugten sie mit Präsenz und Dynamik. Im Finale konnten sie das hohe Niveau nicht mehr ganz erreichen. So gerieten sie überraschend stark in Bedrängnis im Kampf um den dritten Platz. Sie erhielten in der Samba, dem ChaCha und in der Rumba den 3. Platz. Im Paso den 5. und im Jive den 4. Platz. Wobei drei Wertungen (Samba, Rumba, Paso) äusserst knapp entschieden wurden und das Skatingsystem voll ausgereizt werden musste. Schliesslich holten sich Alessandro & Olga mit dem 3. Platz die Bronze-Medaille.
Flavio Martins de Sá & Alessia Castrovinci
Da Flavio & Alessia nicht an internationalen WDSF-Turnieren anzutreffen sind, war es im Vorfeld schwierig ihre Entwicklung einzuschätzen. Nachdem sie 2014 im Final den 5. Rang erreichten und sich ein Jahr später mit dem 10. Rang begnügen mussten, war man gespannt auf ihren Auftritt.
In der 1. und 2. Runde tanzten sie mit viel Selbstvertrauen und präsentierten sich als „sichere“ Finalisten. Ihre Stärken sind die Verkörperung des klassischen Stils, der klassischen Mann/Frau-Rollen. Im Halbfinal hatte man den Eindruck, dass plötzlich weniger Energie vorhanden war. Oder schonten sie sich für das Finale? Denn da waren sie wiederum befreit und griffen voll an. Schlussendlich hätte eine einzige ausgetauschte Platzziffer die Entscheidung zwischen drehen Alessandro & Olga und Flavio & Alessia drehen können. Mit dem erreichten 4. Rang waren sie jedoch sichtlich sehr zufrieden.
Hendrik Benninger & Patrycj Studer
Mit Hendrik & Patrycj war auch hier eine ganz frische Partnerschaft am Start. Mit der Schweizermeisterschaft bestritten sie erst ihr viertes Turnier. Hendrik war bereits 2007 mit seiner damaligen Partnerin Eva Svobodova Schweizermeister Latein und tanzte danach ab 2012-2014 bei den Professionals. Nun also nach längerer Pause zurück mit neuer Partnerin in der Amateurklasse war man sehr gespannt auf ihren Auftritt.
Sie präsentierten sich in erstaunlicher Frische, liessen sich von den vielen jungen Paaren nicht beirren und ertanzten sich den 5. Rang.
Fabio Del Giudice & Lara Canoci
Das für den TTZ startenden Tessiner Paar Fabio & Lara erreichte im Vorjahr den 12. Rang und nun überraschend den 6. Rang.
Ein sehr auffälliges Paar, das schon ab der ersten Runde mit ihrem kraftvollen und dynamischen Stil überzeugte. Einzig im Halbfinale war ihre Performance zurückhaltender. Auch sie waren im Final wieder in der Lage neue Energie freizumachen.
Was besonders Freude macht
Wir haben wieder mindestens drei Latein-Paare, die mit konsequentem und beharrlichen Training auch international Erfolge erreichen können. Zu hoffen ist, dass sie ihr vielversprechendes Potential nutzen und sich weiter gegenseitig nach vorne treiben. Denn, um den nächsten Schweizermeister-Titel wird in 299 Tagen gekämpft…
Überraschungen
Fabio & Angela Landolfi galten im Vorfeld als Mitfavoriten und sichere Finalteilnehmer. Seit Mai hatten sie jedoch kein Turnier mehr getanzt. Waren sie der Konkurrenz aus dem Weg gegangen und hatten sich gezielt auf eine Topvorbereitung im Stillen fokussiert?
Die ehemaligen Schweizermeister (2014) vermochten jedoch das Leistungsniveau der letzten Jahre in Frauenfeld nicht zu bestätigen und mussten sie sich über die Hoffnungsrunde in die 2. Runde qaulifizieren. In dieser konnten sie zwar noch steigern, doch bereits im Halbfinale war klar, dass sie es nicht mehr an die Spitze schaffen würden. Nach den Finalplätzen in den Jahren 2012-2015 erreichten sie nun den 9. Rang. Man darf gespannt sein, wie sie mit diesem Rückschlag umgehen werden.
Auch Marc Aeschlimann & Corina Masciadri mussten sich überraschenderweise über die Hoffnungsrunde für die 2. Runde qualifizieren. Im Vorjahr noch auf dem 7. Rang, schafften sie dieses Jahr den Einzug in das 11er-Halbfinale nicht und mussten sich mit dem 12. Rang zufrieden geben. Ihre Enttäuschung ist gut nachzuempfinden. Das Resultat war für viele Beobachter nicht nachvollziehbar. Bereits in der Vorrunde zeigten sie, wie bereits an der WM in Chengdu, ihre gute Form. Sie waren präsent, präzise und austrainiert. Doch es war wieder SM, da sind viele Überraschungen möglich…
Für beide Paare gilt: „Hinfallen, aufstehen, Krone richten und weiter geht’s!“
Ausserdem aufgefallen
Nemanja Buovski & Catherine Pisarenko überzeugten mit erfrischendem Look, Dynamik und interessanten Choreos. Mit einer klaren Steigerung seit dem GOC, nun präsenter und präziser, erreichten sie den 8. Rang.
Loïc Montant & Violaine Murugan tanzten eine Woche vor der SM mit dem Bielerseepokal ihr erstes gemeinsames Turnier! Der aus Frankreich stammende Loïc erreichte im Frühling mit der bisherigen Partnerin an den Französischen Meisterschaften den 13. Rang und tanzt nun neu mit Violaine gleich auf den 7. Rang. Wir sind gespannt, was möglich wird, wenn die beiden länger miteinander trainiert haben.
Die Resultate Hauptklasse Latein
1. Andrei Ovidiu Mihai – Gigli Alessia Allegra DUZ / DUZ
2. Wibawa Pitt Alexander – Wibawa Tiara Sophia TDC /TDC
3. Cuoco Alessandro – Kosareva Olga DUZ / DUZ
4. Martins de Sa Flavio – Castrovinci Alessia DUZ / DUZ
5. Benninger Hendrik – Studer Patrycja TTZ / TSCBB
6. Del Giudice Fabio – Canoci Lara TTZ / TTZ
7. Montant Loic – Murugan Violaine STEPS / STEPS
8. Buovski Nemanja – Pisarenko Catherine TTZ / TTZ
9. Landolfi Fabio – Landolfi Angela TDSC / TDSC
10. Corrodi Davide – Dalla Vecchia Cinzia TSCZ / TTKB
11. Büchel David – Landolfi Flavia TDSC / TDSC
12. Aeschlimann Marc – Masciadri Corina TTKB / TTKB
12. Spirig Stefan – Bachmann Lisa Kristina TDC / TDC
14. Zimmermann Dominik – Akhmedova Darya TTZ / TTZ
15. Hobbs Alexander – Garevskikh Anna DUZ / TTZ
16. Celetti Pietro – Amonini Laura TDSC / TDSC
17. Granwehr Dominic – Zimmerli Marisha TTZ / TSCZ
18. Müller Simon – Imhof Nicole DCNH / DCNH
19. Hadorn Benjamin – Baumannn Livia TTZ / TTZ
20. Rybalkin Mikhail – Timofeeva Mariia DUZ / DUZ
21. Aykur Murat – Stocker Bettina TTZ / TTZ
22. Granwehr Nicola – Hauri Elly TTZ / TTZ
22. Schediwie Dietmar – Baier Sarah DUZ / TTZ
22. Stäldi Jan – Cafiero Lara TTKB / TTKB
25. Tesic Nikola – Friesen Liudmila DUZ / DUZ
26. Budry Jerome – Cardoso Laura ALDL / ALDL
26. Smith Kai – Roth Anna Sophia DCNH / DCNH
26. Bär Pascal – Azzarito Alessia DUZ / DUZ