STSV Wertungsrichter-Weiterbildung 2011: „Stufengerecht werten!“
Am Sonntag, 16. Januar 2011 fand in der DanceHall der Migros Clubschule in Zürich-Oerlikon der STSV-Wertungsrichter-Weiterbildung und Lizenzerhaltungskurs statt. Für diesen Anlass konnte der neue Sportdirektor IDSF, Herr Marco Sietas, gewonnen werden, der aus erster Hand über interessante Entwicklungen und Fakten bezüglich der an internationalen Turnieren geltenden Wertungskriterien berichten konnte.
Die Tatsache, dass er am Sonntag Nachmittag mit seinen Tanzschuhen im Saal stand, versprach einiges an praktischer Demostration, was dann tatsächlich auch zutraf. Zusammen mit denjenigen Tanzpaaren, die sich für dieses „Experiment“ zur Verfügung stellten, zeigte er an praktischen Beispielen sehr detailliert, was heute unter den Wertungskriterien „Musik“, „Balancen“ und „Bewegungsablauf“ auf internationalem Niveau verstanden wird. Interessant fand ich, dass er der Meinung ist, dass es grundsätzlich keinen Sinn macht, Kinder und Jugendliche über alle vier Wertungsgebiete zu beurteilen, weil die Persönlichkeit der sehr jungen Tänzer und Tänzerinnen noch gar nicht entsprechend entwickelt ist. Da sich auch zwischen unserer nationalen Elite (Hauptklasse) und der internationalen Konkurrenz der grosse Unterschied bereits in den ersten zwei Wertungsgebieten manifestiert, macht es gemäss Marco Sietas auch für unsere nationale Elite keinen Sinn, sich primär um die Charakteristik und um persönliche Interpretationen zu kümmern, solange die ersten zwei Wertungskriterien nicht perfektioniert werden. Diese Tatsachen hat Marco Sietas anhand der anwesenden Tanzpaare und eigener Demonstrationen im Slowfox, Wiener Walzer, Rumba und Samba eindrücklich und klar zeigen können. Denjenigen Tanzpaaren, welche international erfolgreich sein möchten, gibt Marco Sietas den Tip, sich primär um Takt, Rhythmus, statische Balancen und Bewegungsabläufe zu kümmern und das vierte Wertungskriterium der absoluten Weltspitze zu überlassen. Er persönlich wertet zum Beispiel an grossen Turnieren in den Vorrunden nur das erste Wertungskriterium, in jeder weiteren Runde dann jeweils das nächste Wertungskriterium, weil er überzeugt ist, dass bei Turnieren mit vielen Paaren auf der Fläche das Werten über alle vier Wertungskriterien nicht möglich ist.
Für mich gab es für alle Anwesenden äusserst interessante Aspekte, die unbedingt in das tägliche Training der Tänzerinnen und Tänzer und in die Wertungen der Wertungsrichter an Turnieren einfliessen sollten. Für die Tänzerinnen und Tänzer und deren Trainer bedeuten die Ausführungen von Marco Sietas, sich vermehrt um die ersten beiden Wertungskrieterien zu kümmern, um in einem internationalen Umfeld überhaupt bestehen zu können. Dabei muss laut Marco Sietas unbedingt darauf geachtet werden, dass auf der Grundlage aktueller Literatur und mit dem Studium von Videos der aktuellen Spitzenpaaren gearbeitet wird. Anhand einer Diskussion bezüglich Rhythmus im Samba zeigte sich Marco Sietas in einem persönlichen Gespräch nach dem Kurs erstaunt, dass in der Schweiz nicht von aktuellen Gegebenheiten ausgegangen wird, sondern zum Teil auf der Grundlage überholter Auffassungen und Informationen gearbeitet wird. Besonders erwähnenswert finde ich in diesem Zusammenhang die Aussage von Marco Sietas, dass er persönlich nicht mit allen modernen Entwicklungen (z.B. Akzent auf den ersten Schlag im Samba) glücklich ist, dass dies aber halt der aktuellen Entwicklung entspricht, welche von den Spitzentrainern der Tanzszene unterrichtet, von der Welt-Elite getanzt und von den Wertungsrichtern an internationalen Turnieren „nach vorne“ gewertet wird.
Als Fazit habe ich mitgenommen, dass die Ausbildung der Wertungsrichter auf keinen Fall vernachlässigt werden darf, weil diese schlussendlich durch ihre Wertungen bestimmen, was primär trainiert und getanzt wird. Dieser Ausbildungsstand muss einem aktuellen internationalen Stand entsprechen, alles andere empfinde ich gegenüber den Tanzpaaren als unfair, weil falsche Prioritäten gesetzt werden könnten und die Paare dadurch international keine Chance haben werden. Da das neue Wertungssystem der IDSF momentan nur bei der absoluten Weltspitze im Rahmen eines Pilotprojekts angewendet wird, meine ich, dass Marco Sietas ziemlich klar kommuniziert hat, mit welchen Prioritäten wir in der Schweiz momentan werten sollten, um den Anschluss an die aktuellen Gegebenheiten nicht zu verlieren. Ich persönlich werde mich im Verband dafür einsetzen, dass möglichst viele der aktuellsten Aus- und Weiterbildungsunterlagen für alle Interessierten Kreise zur Verfügung gestellt werden und hoffe, dass dies zu einer optimalen Entwicklung im schweizer Tanzsport beitragen wird.
Besonders bedanken möchte ich mich bei Alexander und Isabelle, Daniel und Anna, Mark und Julia sowie bei Sophie und Paul für ihren grossen Einsatz und ihre Bereitschaft, aktiv an diesem Kurs mitzumachen. Ich hoffe, dass der Kurs auch für diese Tanzpaare lehrreich und interessant war. Vielen Dank auch an Marco Sietas für die interessanten Ausführungen. Er hat gesagt, er freue ich auf ein nächstes Mal, worauf wir bestimmt zurückkommen werden.
Bericht
Hanspeter Weingartner
Schweizer Tanzsport Verband STSV
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