Trudi Schmuki: „Ich tanzte jeden Tag in meinem Leben“

 

 

Trudy-800Trudy Schmuki, geboren 1925 in England, verschrieb sich dem Tanz mit Haut und Haar, Herz und Seele. Die Grande Dame des Schweizer Tanzsportes ist am 1. Januar 2018 mit 92 Jahren gestorben. Ihr Einsatz für das Tanzen in der Schweiz kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Sie kam von England mit dem Velo um in der Schweiz den Gesellschaftstanz prägend zu entwickeln. Zuerst als Turniertänzerin, sie tanzte lange Zeit mit ihrem Mann Albert Schmuki bei den Professionals, später als überaus engagierte Tanzlehrerin in der eigenen Tanzschule und in den verschiedenen Tanzverbänden.

 

Während ihrer aktiven Zeit als im Tanzsport wurde sie mit Albert zweimal Schweizermeisterin Professional Standard (190-1951). 1952 Vizemeisterin hinter Walti Kaiser & Marianne Wolf. In der Folge gab es mangels Teilnehmer bis auf weiteres keine Professional-Meisterschaften mehr…

Albert und Trudi Schmuki haben die Schweiz bis zu ihrem Rücktritt 1959 an allen wichtigen Meisterschaften und internationalen Turnieren vertreten und sich in beiden Disziplinen (Latein und Standard) hervorragende Platzierungen ertanzt. An der Europameisterschaften Professional Latein erreichten sie 1956 & 1958 den Final (6. und 5. Platz)!

 

Albert & Trudi Schmucki 1955

Albert & Trudi Schmuki 1955

Ihre Tanzlehrer-Weiterbildung hat Trudi Schmuki regelmässig vorangetrieben. Ihre Ausbilder waren u.a. George Eliot und Alex Moore. In der Folge erwarb sie von 1947-1970 zahlreiche Diplome.

1955 gründeten Schmukis ihren Tanzklub „Zürcher Tanzklub Schmuki“ (ZTS) und trainierten viele erfolgreiche Turnierpaare und Schweizer Meister. Einer der prominentesten Mitglieder ihres Tanzklubs war Rudolf Trautz, der von 1955-58 in Zürich weilte. Mit Mechtild Trautz wurde er, nach dem Rücktritt der Welt- und Europameister Walter und Marianne Kaiser, mehrfacher Europa- und Weltmeister der Professionals in den lateinamerikanischen Tänzen.

 

1955 gab es 7 Tanzlehrer-Verbände in der Schweiz (für rund 110 Tanzlehrer)! Diese Tanzlehrer-Mini-Verbände und Splittergruppen hatten sich während Jahrzehnten z.T. erbittert bekämpft. (Der Kampf um Eigeninteressen der Trainer und Tanzlehrer ist wohl eine der immerwährenden Konstanten in der Schweizer Tanz-Geschichte.) Da sie keine Einigung erzielen konnten, schaltete sich damals sogar der internationale Verband ICBD ein. In der Folge schlossen sich die grössten Schweizer Tanzlehrer-Verbände zu einem Verband zusammen, dem VTVS (Vereinigte Tanzlehrer-Verbände der Schweiz). Es sollte aber noch beinahe weitere 30 Jahre dauern, bis fast alle Schweizer Tanzlehrer wirklich in einem Verband vereinigt waren…

 

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Albert & Trudi_Schmuki 1954

 

 

Albert & Trudy Schmuki 1957

Albert & Trudy Schmuki 1957

Trudi Schmuki ihrerseits prägte den Schweizer Tanzlehrer-Verband über 50 Jahre lang: Sie war von 1952 an ununterbrochen und mit grösstem Einsatz im Verbandsgeschehen involviert! Lange Zeit leitete sie die technische Kommission, bereitete unzählige Kandidaten auf die Tanzlehrer-Prüfung vor, amtete als Expertin und war von 1974-84 Präsidentin des Schweizer Tanzlehrer-Verbandes. Trudy war massgeblich daran beteiligt, dass 1984 sämtliche damals noch zusätzlich bestehenden Schweizer Tanzlehrer-Verbände fusionierten (damals: SOB = Swiss Official Board, heute: swissdance).

 

Sie hat den Schweizer Tanzlehrer-Verband nicht nur in Blackpool vertreten, sondern unzählige internationale Kongresse und Weltkongresse besucht und das Wissen daraus in den Verband und in ihren Unterricht einfliessen lassen. Dass sie dabei fast lückenlos am schweizerischen Tanzlehrer-Kongress teilgenommen und auch unterrichtet hat, versteht sich von selbst, ist aber alles andere als selbstverständlich!

Auch die Amateur-Turnierszene hatte in ihrem Wirken über Jahrzehnte eine zentrale Rolle inne. So war Trudi Schmuki z.B. 1970 massgeblich für die neue Schrittbegrenzung verantwortlich und hat, zusammen mit anderen Professionals (u.a. Walter Kaiser und Valdemaro Santi) und der Verbandsspitze des SATV, möglichst ideale Rahmenbedingungen für die Turnierpaare geschaffen.
1989 hat Trudi Schmuki, zusammen mit Gerd Hädrich aus Deutschland, ihre überarbeitete Version des Social Dance Programs (Gesellschaftstanz-Programm) präsentiert, welche über Jahre Gültigkeit hatte. Ihr Einsatz für die Tanzszene ist kaum zu überbieten!

 

Trudy & Albert als Trainer

Trudy & Albert als Trainer

 

Im Januar 2001 wurde das 50-jährige Bestehen der Tanzschule Schmuki gefeiert. Kurz darauf zog sich Trudi Schmuki zwar von der Tanzschule an der Schoffelgasse zurück, aber die Begeisterung und die Energie für das Tanzen waren ungebrochen: Auch in ihrem 80. Lebensjahr unterrichtet Trudi Schmuki weiterhin an 2 Abenden! Unter ihren Hobby-Tanzpaaren waren Paare, die nach über 25 Jahren immer noch dabei sind! Wenn das nicht für die Unterrichts-Qualität von Trudi Schmuki und die Wertschätzung durch die Tanzpaare spricht!

2001 hat Trudi Schmuki selbst noch einmal ein Tanzturnier getanzt! Sogar eine Europameisterschaft! An den Eurogames für gleichgeschlechtliche Paare!
Auch dies war eine markante Eigenheit von Trudi Schmuki, die sich nicht scheute, Barrieren zu durchbrechen, die gerne Neues in Angriff nimmt, die sich immer eine Neugier bewahrt hatte! Eine Persönlichkeit die das Schweizer Tanzen mit höchstem Engagement und Fachwissen während Jahren aufgebaut und geprägt hat.
Vielen Dank Trudy!

 

Trudi Schmuki im Gespräch mit Walti Kaiser 1954

Trudi Schmuki im Gespräch mit Walti Kaiser 1954

 

 

Anlässlich der Gedenkfeier für Walti Kaiser, im November 2016, habe ich Trudy das letzte Mal getroffen. Aus ihr sprudelten sogleich viele faszinierende Anekdoten aus einem langen, engagierten und höchst aktiven Tänzerinnen-Leben. Faszinierend war für mich, mit Trudy eine Erzählerin zu treffen, die wie Walti aus der der gleichen Zeit entsprungen ist, dass beide zT. von den gleichen historischen Koryphäen ausgebildet wurden. Beide begannen im Tanzsport, engagierten sich mit grosser Leidenschaft für den Gesellschaftstanz in der Schweiz und trotzdem sind ihre Lebensgeschichten später völlig anders verlaufen. Doch beide hatten bis ins hohe Alter ein Leuchten in ihren Augen sobald es um das Tanzen ging.

Trudi Schmuki 1961

Trudi Schmuki 1961

Noch einmal wollte ich mit ihr ein grosses Interview machen und einen  Rückblick auf das faszinierende Tänzerinnen-Leben publizieren. Sie hat lachend abgelehnt: „Weisst du Reini, es ist schon soviel über mich geschrieben worden, da kommt nichts mehr Neues!“ Auch das zeigte mir, dass Trudy eine sehr gefestigte Persönlichkeit hatte, die es ihr jederzeit erlaubte eine klare Aussage vehement zu vertreten und sich somit (fast) immer mit Überzeugung durchzusetzen vermochte.

 

 

Berichte über Trudy:

Über das Leben von Trudy Schmuki haben Michael & Evelyne Scherer 2005, zum 80. Geburtstag von Trudy, eine hervorragende Dokumentation erarbeitet und publiziert.
Einen Auszug darüber publizieren wir hier.

2016 wurde das letzte Interview mit Trudy im „Vivai“, das Wohlfühl- und Nachhaltigkeitsmagazin der Migros, veröffentlicht, das wir mit freundlicher Genehmigung hier erneut publizieren dürfen:

 

 

Vivai-1-16

Interview:           Imelda Stalder
Foto:                     Pablo Tys

 

 

 

 

 

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