Sonja Bütikofer – und das „Vertanzt“-Abenteuer

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Sonja Bütikofer ist ein Energiebündel und Initiantin des ganzen „vertanzten“ Abenteuers.  Sie ist verantwortlich für die Programmgestaltung des Festivals Vertanzt, welches vom 21.-24. Juli 2016 bereits zum siebten Mal durchgeführt wird.

Interview mit Sonja Bütikofer
von Daniel Schacher, TanzVereinigung Schweiz TVS

 

 

Sonja Bütikofer, wie entstand das Festival Vertanzt – bewegt begegnen?

Vertanzt ist nach einer Inspiration aus Portugal entstanden. Dort gibt es ein Festival namens Andanças, welches ich im Jahr 2009 kennengelernt habe. Die Atmosphäre war unglaublich faszinierend: Eine so friedliche und inspirierte Stimmung, bei welcher die Besucher in Workshops und darüber hinaus tanzten. Solch ein Festival wollte ich in der Schweiz auch besuchen. Ich fand aber keins. Somit war für mich schnell klar: Wenn es so ein tolles Festival in der Schweiz noch nicht gibt, organisieren wir es eben selber!

Am Anfang fand ein reger Austausch zwischen den Verantwortlichen von Andanças und uns statt. Wobei die Zusammenarbeit eher einseitig war und daraus bestand, dass sie uns Informationen lieferten (lacht). Ich brauchte und kriegte viele Auskünfte von den portugiesischen Kollegen, weshalb die Struktur von Vertanzt sehr ähnlich wie jene in Portugal aufgebaut ist.

 

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Vertanzt-1Wie ist es zum Namen „Vertanzt“ gekommen?

Der Name ist wie die Strukturen eng mit Andanças verknüpft. Andanças ist ein Wort, das man nicht unbedingt versteht, aber sofort mit Tanzen in Verbindung bringt. Mit Vertanzt ist es ähnlich. Das Wort existiert eigentlich nicht und trotzdem versteht man sofort, um was es geht. In den ersten Jahren hiess das Festival noch „Vertanzt – Internationales Festival populärer Tänze“. Dies war direkt übernommen vom Festival Andanças. Jedoch wird das Wort „populär“ auf Deutsch in einem anderen Sinn verstanden. Auf Portugiesisch bedeutet es so viel wie „Tänze welche aus einem Volk stammen“. Dies trifft unsere Absicht zwar sehr gut, bringt aber nichts, wenn es falsch verstanden wird. Deshalb haben wir den Namen nach drei Jahren geändert in „Vertanzt – Festival zum Mittanzen“.

Aus welcher Region stammt die Mehrheit der Besucher?

Die Westschweiz macht mit ungefähr einem Drittel aller Besucher den grössten Teil aus. Aber wir dürfen grundsätzlich Besucher aus der ganzen Schweiz und dem nahen Ausland bei uns begrüssen. Deshalb ist auch der Ort Röthenbach im Emmental bewusst gewählt. Er ist aus allen Regionen gut erreichbar.

 

Hast du eine Erklärung, weshalb so viele Besucher aus der Westschweiz am Festival teilnehmen?

Ein grosser Teil des Festival-Programms besteht aus Bal Folk. Dieser hat in der Westschweiz eine starke Tradition. Deshalb haben wir immer eine beachtliche Anzahl an französisch sprechenden Besuchern. Dies bedeutet für uns im Gegenzug auch einen grösseren Aufwand. Das ganze Festival ist zweisprachig aufgebaut. Die Webseite mit Englisch, Deutsch und Französisch sogar dreisprachig.

Wie sah die Entwicklung in all den Jahren aus?

Erfreulicherweise wuchs das Festival bis heute immer ein kleines Stück. Dies führe ich auf unsere Konstanz zurück. Neben dem Standort, welcher seit Beginn der gleiche ist, arbeiten wir auch jedes Jahr möglichst mit den gleichen lokalen Partner zusammen. Dies bringt viele Vorteile. Jedes Jahr profitieren wir so von den Erfahrungen vom letzten Jahr. Beispielsweise hat bei der ersten Durchführung beim Aufstellen der Tanzzelte auf der Wiese niemand beachtet, dass der Boden zum Tanzen wirklich eben sein sollte. So war die Tanzfläche eher schief, was einiges an Muskelkater verursachte (lacht). Erfreulich war, dass die Festivalbesucher dies mit viel Humor und Goodwill aufgenommen haben und auch im zweiten Jahr wieder gekommen sind. Dank dieser Loyalität der Besucher konnten wir uns stets weiterentwickeln.

 

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Wie viele Besucher finden jeweils den Weg ins Emmental?

Wir unterscheiden zwischen Besuchern und Eintritten. Wir zählten ca. 1`200 Tageseintritte, welche im vergangenen Jahr verkauft wurden. Im Total gibt dies effektiv eine Zahl von ca. 800 Besuchern. Ungefähr 100 davon sind Musiker oder Tanzlehrpersonen, welche einen sehr wichtigen Teil des Festivals darstellen. Sie verleihen uns durch ihr ehrenamtliches Engagement den Spirit. Der Anlass soll den Künstlern Freude bereiten: Selten haben sie so viele engagierte Tänzer vor sich. Gleichzeitig bietet ihnen das Festival eine Austauschplattform, wo die Teilnahme an Workshops von Künstlerkollegen oder gemeinsames Musizieren neue Impulse geben kann. Über dieses Modell gewährleisten wir für die Festivalbesucher einen tiefen Eintrittspreis, was uns sehr am Herzen liegt. Für mich als Programmleiterin ist dies aber auch immer eine Gratwanderung: Welche Berufsmusiker und Lehrpersonen lassen sich neben den meist auch sehr professionellen Amateuren zu unseren Konditionen ans Festival einladen?

Wie sieht eure konkrete Zielsetzung aus? Was wollt ihr mit dem Anlass erreichen?

Unser Slogan fasst unsere Zielsetzung sehr gut zusammen: Bewegt begegnen. Das Festival soll ein Anlass sein, wo man sich zum einen bewegen kann, der aber auch eine Begegnungszone ist. Diese soziale Komponente hat für mich als Tänzerin paradoxerweise sogar den höchsten Stellenwert am Festival. Der Kontakt zwischen den verschiedenen Besuchern entsteht durch das Tanzen sehr einfach. Die Festivalatmosphäre ist stets freudvoll und voller positiver Energie. Klar sollen alle Besucher verschiedene Tanzstile lernen können. Aber die menschliche Wärme und all die strahlenden Gesichter während diesen vier Tagen prägen mein Festivalbild und meine Erinnerungen am stärksten.

44Welche Tanzstile bietet ihr an? Nach welchen Kriterien wählt ihr die Tanzbereiche aus?

Wir sind ein sehr offenes Festival. Unsere Richtlinie ist „populärer Tanz“. Ob dies nun Schweizer Volkstanz oder kubanischer Salsa ist, Gruppentanz oder Paartanz, spielt dabei keine Rolle. Für das Programm versuche ich, einen Mix aus Bekanntem und Unbekanntem anzubieten, damit die Besucher verschiedenes ausprobieren können.

Wie sieht ein typischer Besucher von Vertanzt aus?

Die Vertanzt-Besucher zu typisieren, ist schwierig. Sie haben Freude an der Bewegung, Freude am tanzen und Freude, neue Leute kennenzulernen. Wir wollten von Anfang an ein intergenerationelles Festival für jung und alt sein. Dies gelang uns sehr gut. Am Vertanzt tanzen oftmals 10-Jährige neben 70-Jährigen.

Seit drei Jahren haben wir jeweils Schwerpunkte im Programm integriert. Letztes Jahr war dies Swing, dieses Jahr gibt es eine Balkan-Edition. Damit wollen wir jedes Jahr das Publikum einer weiteren spezifischen Stilrichtung ansprechen und dazugewinnen. Der Schwerpunkt macht ungefähr einen Viertel des Programms aus, daneben gibt es nach wie vor die typische Vertanzt-Vielfalt.

76Du hast die 10-jährigen Kinder angesprochen. Gibt es sie ein spezielles Angebot?

Ja, wir haben spezielle Angebote. Die Idee ist aber grundsätzlich, dass die normalen Workshops vom Niveau her einfach sind und auch Kinder daran teilnehmen können. In unserem Programm ist jeweils vermerkt, welche Workshops speziell für Kinder geeignet sind. Daneben bieten wir für Kinder ein kleines Programm, welches aber bewusst kein Tanzen enthält.

Wie bist du selber zum Tanzen gekommen? Wo sind deine Wurzeln zu finden?

Lustig ist, dass ich eigentlich gar nicht gross in dieser Szene vertreten bin, in welcher das Festival einzustufen ist. Ich habe eine Ausbildung als klassische Tänzerin und 5 Jahre lang als Bühnentänzerin gearbeitet. Aber auch Tango und Salsa habe ich viel getanzt. In den letzten 8 Jahren folgte die Leidenschaft für Kizomba. Mittlerweile leite ich in Zürich eine Kizomba- Tanzschule. Diese ist nach Vertanzt mein zweites wichtiges Hobby neben meinem Beruf.

46Wie viel Zeit investierst du ins Projekt Vertanzt?

(Überlegt) Ich schätze ungefähr 2-3 Stunden pro Woche. Diese sind aber unterschiedlich verteilt. Im Winter sind es deutlich weniger Stunden verglichen mit der Zeit kurz vor und nach dem Anlass. Mir ist aber sehr wichtig zu erwähnen, dass wir ein Team sind. Neben meiner Aufgabe, das Programm zu gestalten, ist zum Beispiel Esther Mumprecht für die Kommunikation zuständig, René Müller für Ton und Infrastruktur und Stefi Moiszi für den Bereich der Social Media. Als Team harmonieren wir äusserst gut zusammen. Wir wissen, wer welche Aufgaben zu erledigen hat und können uns aufeinander verlassen.

Welches ist dein persönliches Highlight in diesem Jahr?

Ein spezifisches Highlight habe ich in diesem Sinn nicht. Klar gibt es einzelne Künstler, auf welche ich mich speziell freue. Aber für mich ist es jedes Jahr von neuem wieder toll, ins Emmental zurückzukehren und am Festival auf so viele strahlende Gesichter zu treffen.

 

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Das Tanzen hat von Kultur zu Kultur einen sehr unterschiedlichen Stellenwert. Was hast du das Gefühl, welchen Stellenwert das Tanzen in der Schweiz geniesst und wie man diesen gezielt erhöhen könnte?

Ich denke, Anlässe wie das Festival Vertanzt, aber auch wie Zürich tanzt oder der Sommernachtsball im Hauptbahnhof Zürich sind wichtig. Bei Anlässen dieser oder ähnlicher Art ist die Zutrittsschwelle zum Tanzen sehr niedrig. Zudem sprechen diese Veranstaltungen ein breites Publikum an. Traditionell sind die Schweizer sicher nicht DAS Tanzvolk. Trotzdem sind solche unkomplizierte Anlässe sehr wichtig sind für das Tanzen. Dabei können unter anderem auch Personen angesprochen werden, welche gar nicht wussten, dass ihnen das Tanzen Spass macht. Ihnen vermittelt man mit solchen Anlässen ein Aha-Erlebnis.

Was möchtest du zum Schluss noch erwähnen?

Gerne erwähne ich nochmals, wie wichtig für mich das ganze OK vom Festival Vertanzt ist. Es macht Spass und Freude, mit einem engagierten Team einen so tollen Tanzanlass auf die Beine zu stellen. Ebenfalls ist für mich der Ort Röthenbach einmalig. Ich schätze die kleine Gemeinde sehr und bin froh, unser Festival in einer so gut strukturierten und unkomplizierten Gemeinde durchführen zu können. Weiter ist es mir ein Anliegen, allen Organisationen und Partnern zu danken, welche uns unterstützen. Darunter sind verschiedene Stiftungen, unsere Vereinsmitglieder, aber auch die Tanzvereinigung Schweiz, welche uns alle auf irgendeine Art unterstützen. Ohne sie wäre das Festival nicht machbar! Schlussendlich gilt es auch den Teilnehmern ein Kränzli zu winden. Trotz Wind und Wetter kommen sie nach Röthenbach und feiern ein tolles Festival mit unbeschreiblichen Emotionen – die irgendwie nur fassbar sind, wenn man aktiv dabei ist!

 

Hier alle Details zu „Vertanzt“

 

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